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Gendermedizin
03.10.2023

Gendermedizin: Die Bedeutung geschlechtsspezifischer Unterschiede

Der feine Unterschied zwischen Männern und Frauen ist gar nicht so fein, wie viele vielleicht denken. Das zeigt sich deutlich im Bereich der Medizin. Fachleute wissen inzwischen viel darüber, wie stark sich das Geschlecht auf die Gesundheit von Männern und Frauen auswirkt. Geschlechtsspezifische Unterschiede machen sich vor allem darin bemerkbar, wie wahrscheinlich eine Person an einer bestimmten Krankheit erkrankt, welche Symptome sich bei der Erkrankung zeigen, ob und wann eine Krankheit diagnostiziert wird und wie ihre Therapie gestaltet werden muss.

Das hat verschiedene Gründe, zum Beispiel:

  • Männer und Frauen haben eine unterschiedliche Anatomie. Bei Frauen sind beispielsweise die Harnwege kürzer, wodurch auch ihr Risiko für eine Blasenentzündung steigt.
  • Frauen und Männer haben eine unterschiedliche Hormonsituation. Diese wirkt sich entscheidend darauf aus, wie Erkrankungen entstehen können – und auch wie Medikamente bei ihnen wirken.
  • Auch soziale und psychische Faktoren beeinflussen die Gesundheit von Männern und Frauen. So haben Frauen etwa mit Schwangerschaft, Geburt und dem Ende der fruchtbaren Phase andere Lebensereignisse seelisch zu verarbeiten.
  • Gleichzeitig beeinflussen auch gesellschaftliche Annahmen über Männlichkeit und Weiblichkeit, ob jemand ärztlichen Rat sucht, wie Krankheiten entdeckt und behandelt werden.

Die Gendermedizin nimmt genau dies in den Fokus: Sie berücksichtigt die Unterschiede, die etwa im Bereich der Anatomie oder der Hormonsituation bestehen, aber auch soziale und psychische Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. Ziel ist es, dadurch Gesundheit fördern, Krankheiten frühzeitig zu entdecken und behandeln zu können – und zwar bei beiden Geschlechtern gleich gut.

Frauen und Männer leiden anders

Männerschnupfen gibt es wirklich – zumindest ist es möglich, dass Männer Erkältungssymptome als viel gravierender empfinden. Der weibliche Körper geht nämlich anders mit Infekten um als der männliche. Frauen können Krankheitserreger wie Viren und Bakterien besser abwehren. Grund hierfür ist, dass das weibliche Geschlechtshormon Östrogen die Vermehrung von Immunzellen anregt, wohingegen Testosteron ihr Wachstum behindert.

Depressionen äußern sich unterschiedlich

Auch die Art der Symptome unterscheidet sich zwischen den Geschlechtern. So zeigen sich Depressionen zum Beispiel bei Frauen eher auf der emotionalen Ebene: Sie weinen, ziehen sich zurück, schlafen schlechter, ohne dass sich ihr Verhalten stark ändert. Bei Männern ist dies tendenziell anders: Sie sind in bestimmten Phasen oftmals aggressiv, trinken viel Alkohol oder stürzen sich in die Arbeit.

Achtung: Unterschiedliche Herzinfarkt-Symptome

Ähnlich ist es bei Herzerkrankungen: Bei einem Herzinfarkt sind Schmerzen (oft im linken Arm) und ein Druckgefühl im Brustraum die Leitsymptome – bei Männern. Bei Frauen bleiben diese Beschwerden jedoch in Fällen aus. Ein Herzinfarkt kündigt sich bei ihnen häufig durch Schwindel, Übelkeit oder Nackenschmerzen an. Das ist ein gefährliches Problem. Denn da Frauen diese Beschwerden meist nicht einem Herzinfarkt zuordnen, gehen sie oft später ins Krankenhaus als Männer. Das kann fatale Folgen haben – obwohl Frauen insgesamt seltener einen Herzinfarkt erleiden als Männer, sterben sie häufiger daran.

Unterschiede bei der Diagnostik

Wenn sich Erkrankungen bei Männern und Frauen anders zeigen, ist es auch schwieriger, sie zu diagnostizieren. Wenn Symptome unterschiedlich schwer zu schaffen machen, ist es für Ärztinnen und Ärzte nicht leicht, die Schwere der Erkrankung einzuschätzen. Auch suchen nicht alle Menschen mit gleicher Wahrscheinlichkeit ärztlichen Rat. Eine mögliche Erklärung dafür, warum zum Beispiel psychische Erkrankungen wie Depressionen bei Frauen statistisch häufiger festgestellt werde als bei Männern, könnte sein, dass diese mit Symptomen eher zum Arzt gehen. Psychische Erkrankungen sind bei Männern noch mehr stigmatisiert als bei Frauen. Für Mitglieder des „starken Geschlechts“ gilt es vielfach noch als Schwäche, Gefühle zu zeigen.

Auch in den Köpfen der Ärztinnen und Ärzte herrschen häufig geschlechtstypische Vorstellungen, die eine Diagnostik von Krankheiten erschweren können. Ein Beispiel hierfür ist Knochenschwund, medizinisch Osteoporose genannt. Diese Krankheit tritt häufig bei Frauen in und nach den Wechseljahren auf, als Folger der hormonellen Umstellung in dieser Zeit. Aber eben nicht nur bei Frauen. Ein Nachteil für die Männer. Denn wenn sich ein Mann Mitte 50 mit einem Knochenbruch bei seiner Hausärztin oder seinem Hausarzt vorstellt, wird diese oder dieser nicht direkt darauf kommen, dass die vermeintliche „Frauenkrankheit“ Osteoporose hinter dem Bruch stecken könnte.

Behandlung berücksichtigt Unterschiede

Für die meisten Erkrankungen gilt: Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Da bei Männern und Frauen in einigen Fällen unterschiedliche Faktoren zur Entstehung einer Krankheit beitragen, muss auch die Behandlung entsprechend angepasst werden. Das gilt insbesondere für die Therapie mit Medikamenten. Frauen benötigen häufig eine niedrigere Dosis als Männer, denn: Tabletten brauchen bei ihnen länger, bis sie durch den Magen-Darm-Trakt geschleust werden. Zusätzlich baut die Leber die Wirkstoffe bei ihnen langsamer ab.

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen forschen daher intensiv an diesen Unterschieden – mit dem Ziel, die Gesundheitsversorgung für Männer und Frauen zu verbessern.

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Quellen:

www.muenchen-klinik.de/gendermedizin-frau/

www.aerztinnenbund.de/downloads/2/AeRZTIN%2001.13.Prof.Krger.pdf

www.dgesgm.de/files/theme/pdf/factsheets/DE-General-Public-Factsheet.pdf

www.aerzteblatt.de/nachrichten/122798/Studie-Frauen-sterben-in-Deutschland-deutlich-haeufiger-an-einem-Herzinfarkt

www.i-med.ac.at/gendermed/mainstreaming_diversitaet/gendermedizin.html

www.dgesgm.de

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