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17.10.2024

Einsamkeit trifft auch junge Leute

Einsamkeit ist längst keine Sache des Alters mehr. Wenn davon die Rede ist, wer sich allein fühlt, denken viele zuerst an ältere Menschen. Speziell an Menschen deren Kinder aus dem Haus und deren Lebenspartnerinnen beziehungsweise Lebenspartner verstorben sind. Aber auch immer mehr junge Leute fühlen sich einsam, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Definition: Was ist Einsamkeit?

Das Wort „Einsamkeit“ hat zwar verschiedene Bedeutungen, aber meist wird es als ein negatives subjektives Gefühl definiert, bei dem die eigenen sozialen Beziehungen nicht den persönlichen Bedürfnissen und Wünschen entsprechen. Das bedeutet, es kann ein Mangel

  • in der Menge (= soziale Einsamkeit: zum Beispiel zu wenige Freunde) oder
  • in der Qualität der Beziehungen (emotionale Einsamkeit: fehlende enge emotionale Beziehung, wie sie oft in der Partnerschaft oder mit der besten Freundin/dem besten Freund zu finden sind)

bestehen.

Daneben gibt es die kulturelle Einsamkeit, bei der man sich kulturell und sprachlich nicht dazugehörig fühlt. Diese Form tritt oft bei Menschen mit Migrationshintergrund auf.

Allein heißt nicht unbedingt einsam

Alleinsein bedeutet, es sind keine anderen Personen in der Nähe. Die Situation ist wertungsfrei und in der Regel vorrübergehend. Wer beispielsweise die „Einsamkeit der Natur“ genießen will oder aus verschiedenen Gründen „zu sich selbst finden“ möchte, entzieht sich bewusst und freiwillig für einige Zeit persönlichen Beziehungen. Dann sind Alleinsein oder Einsamkeit sogar positiv besetzt.

Liegt über längere Zeit ein objektiver Mangel an sozialen Kontakten vor – erfolgen also kaum soziale Interaktionen –, sprechen Fachleute von sozialer Isolation. Dabei muss die betroffene Person nicht zwangsläufig darunter leiden. Denn, ob und wie massiv wir Einsamkeit empfinden, ist stark persönlich geprägt. Wer allein lebt, muss nicht zwangsläufig unglücklich sein und sich einsam fühlen. Manche genießen einsame Stunden sogar, wenn sie ansonsten viel Trubel ausgesetzt sind.

Allerdings nimmt chronische Einsamkeit zu, bei der viele Menschen kaum soziale Kontakte haben – und das als schmerzhaft empfinden. Wer zwar viele soziale Kontakte hat, diese aber nur als oberflächlich wahrnimmt und sich oft unverstanden fühlt, kann an einer emotionalen Einsamkeit leiden. Das ist auf den ersten Blick nicht zu erkennen.

Wie viele Menschen fühlen sich einsam?

Laut WHO erleben Menschen jeden Alters Einsamkeit und soziale Isolation: Geschätzt ist weltweit jeder vierte ältere Erwachsene davon betroffen. Fünf bis 15 von 100 Jugendlichen leiden ebenfalls unter Einsamkeit.

Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung ergab sogar weit höhere Zahlen für die Einsamkeit junger Leute: Laut der repräsentativen Online-Umfrage, an der im März 2024 bundesweit gut 2.500 Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren teilgenommen haben, fühlt sich etwa die Hälfte der jungen Menschen einsam. Dabei wurde stärker eine emotionale (45,7 Prozent moderat und 13,7 Prozent stark) als eine soziale (28,5 Prozent moderat und 10,1 Prozent stark) Einsamkeit empfunden.

Tendenziell einsamer fühlen sich bestimmte Gruppen:

  • Frauen 
  • Menschen mit Migrationshintergrund 
  • Menschen in mittelgroßen Städten  
  • Arbeitslose  
  • Personen mit niedrigem Schulabschluss  
  • Geschiedene oder Verwitwete 
  • Menschen zwischen 19 und 22 Jahren.

Insgesamt hatte die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns und dem dringenden Rat nach sozialer Distanzierung die Einsamkeit vieler Menschen verschärft. Zwar ist sie danach wieder zurückgegangen, das Niveau ist aber insgesamt hoch.

Folgen von Einsamkeit

Einsamkeit kann deutliche negative gesundheitliche Folgen haben. Dabei können sich einsam fühlende Menschen sowohl unter psychischen als auch unter körperlichen Symptomen leiden.

Verfestigt sich das Gefühl von Einsamkeit, wächst der Leidensdruck, und die Betroffenen werden unglücklich. Sie können ein negatives Selbstbild entwickeln und ihr Selbstvertrauen nimmt ab. Der Gedanke „Keiner interessiert sich für mich“, kann zu Traurigkeit und einem Gefühl der inneren Leere, aber auch zu Depressionen und Ängsten – und in der Folge bis hin zu suizidalen Gedanken – führen.
Oft ziehen sich die Betroffenen immer mehr zurück und leben vielfach ungesund: Sie gehen kaum mehr aus dem Haus, bewegen sich wenig und essen ungesund. Zudem empfinden viele Menschen Einsamkeit als schmerzhaft und stressig. Ihr Körper schüttet daher mehr Cortisol, ein Stresshormon, aus – das schwächt ihr Immunsystem und begünstigt Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzkrankheiten sowie Diabetes.

Dazu kommt: Wer keine regelmäßigen Kontakte pflegt und sich kaum mit anderen Menschen austauscht, hat ein höheres Demenz-Risiko.

Was kann gegen Einsamkeit helfen?

Fachleute empfehlen gezielte Maßnahmen, um Einsamkeit insbesondere bei jungen Menschen zu reduzieren: mehr (Online-)Beratungen sowie einen stärkeren Einsatz von pädagogischen Fachkräften und Psychologen/Psychologinnen an Schulen und Ausbildungsstätten. Dabei sollten die Betroffenen die Möglichkeit haben Angebote mitzugestalten.

Wer sich einsam fühlt, sollte bewusst Kontakt zu Familie und Freunden suchen und pflegen. Dabei können sowohl echte Treffen als auch Telefonate Nähe vermitteln. Problematisch sind dagegen viele virtuelle Kontakte über soziale Medien. Likes können einen echten Austausch mit Menschen nicht ersetzen. Wer viele Follower hat, kann sich trotzdem einsam fühlen.

Allerdings können Online-Spiele, digitale Plattformen und Apps helfen, Menschen kennenzulernen. Idealerweise entwickeln sich aus Online-Kontakten auch Offline-Treffen. Beispielsweise können reale Begegnungen über Veranstaltungs-Apps – wie zum Beispiel BUDDY, Gemeinsam erleben, Meet5, Meetup und spontacts – verabredet werden.

Gleichgesinnte Leute treffen kann man als Mitglied in lokalen Vereinen und Gruppen, auf Gruppenreisen oder in Kursen, etwa bei der Volkshochschule. Auch wer sich ehrenamtlich engagiert, kann darüber Kontakte aufbauen. Genauso können im Alltag – wie beim Einkaufen, an der Haltestelle oder im Wartezimmer – ein freundliches Lächeln, ein kurzer Gruß und eine Bemerkung über das Wetter helfen, mit Menschen ins Gespräch zu kommen.

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Quellen:

https://kompetenznetz-einsamkeit.de/einsamkeit

https://www.ardalpha.de/wissen/psychologie/was-tun-gegen-einsamkeit-ueberwinden-symptome-tipps-strategien-einsam-jugendliche-112.html

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/unsere-projekte/junge-menschen-und-gesellschaft/projektnachrichten/wie-einsam-sind-junge-erwachsene-im-jahr-2024

https://www.gesundheit.gv.at/leben/lebenswelt/soziale-netzwerke/soziale-beziehungen/einsamkeit-ursachen-bewaeltigung.html

https://www.who.int/groups/commission-on-social-connection

https://www.zdf.de/gesellschaft/volle-kanne/apps-gegen-einsamkeit-100.html

Prof. Dr. Maike Luhmann. Definition und Formen der Einsamkeit. (Kompetenznetzwerk Einsamkeit) KNE Expertise 1/2022. ISBN (E-Paper) 978-3-88493-243-8. https://kompetenznetz-einsamkeit.de/wp-content/uploads/2022/06/KNE_Expertise01_220607.pdf

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