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ADHS bei Kindern und Erwachsenen
ADHS ist eine der häufigsten psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Es kann aber auch noch im Erwachsenenalter bestehen. Ausgeschrieben bedeutet die Abkürzung Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung. Betroffene sind oft hyperaktiv, impulsiv und unaufmerksam. Der Volksmund redet vom Zappelphilipp-Syndrom. Dabei gibt es auch eine „stille“ – und daher oft unerkannte – Form.
Symptome: Wie äußert sich ADHS bei Kindern?
In der Regel macht sich ADHS bereits im Kindesalter bemerkbar. Typisch für die Verhaltensstörung sind
- Hyperaktivität, die sich in einem gesteigerten Bewegungsdrang äußert,
- Impulsivität, die für vorschnelles, unüberlegtes Handeln sorgt, und
- Unaufmerksamkeit, die die gestörte Konzentrationsfähigkeit widerspiegelt.
Doch nicht jedes lebhafte Kind hat gleich ADHS. Gerade bei Kindern ist der Drang zur Bewegung und ein gewisses impulsives Handeln schließlich ganz natürlich. Dagegen können von ADHS-Betroffene oft gar nicht stillsitzen, reden ständig dazwischen und treten als Störenfriede auf, die oft „anecken“. Sie behandeln andere Kinder recht grob und wollen beim Spielen bestimmen, sich aber selbst nicht an Regeln halten. Auch verlieren sie schnell das Interesse, zeigen keine Ausdauer bei Beschäftigungen oder Schulaufgaben und sind recht sprunghaft.
Eine Unterform von ADHS ist die Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS), bei der Unaufmerksamkeit und Konzentrationsprobleme im Vordergrund stehen, hyperaktive Verhaltensweisen dagegen ausbleiben. Betroffene werden meist als „Träumer:in“ wahrgenommen und bleiben oft ohne Diagnose. Trotzdem haben auch sie Probleme mit dem Aufnehmen, Speichern und Ordnen von Informationen. Da sie sich nicht länger konzentrieren können und leicht ablenken lassen, außerdem extrem vergesslich sein können, sind Schulprobleme häufig. Zudem haben sie meist Schwierigkeiten, mit anderen Menschen umzugehen. Daher ziehen sie sich oft zurück und werden als eigenbrötlerisch wahrgenommen.
Symptome: Wie äußert sich ADHS bei Erwachsenen?
Lange Zeit wurde angenommen, dass sich ADHS mit der Zeit „auswächst“. Das stimmt aber nicht. Geschätzt etwa die Hälfte der Betroffenen leidet auch als Erwachsene unter vielfältigen Symptomen. Allerdings tritt die typische Hyperaktivität in den Hintergrund, so dass es sich eher um eine ADS handelt, die nicht immer erkannt wird.
Trotzdem ist eine späte Diagnose – also im Erwachsenenalter – möglich. Für die Diagnose werden hauptsächlich Fragebögen zum Verhalten eingesetzt. Die Symptome und Probleme bestanden in der Regel bereits seit Kindheit und haben bedeutende Beeinträchtigungen zur Folge.
Bei Erwachsenen zeigt sich Hyperaktivität eher als innere Unruhe. Zeichen dafür ist beispielsweise ein ständiges Trommeln mit den Fingern oder unablässiges Herumspielen mit kleinen Gegenständen. Dabei kann dieses Verhalten Betroffenen sogar helfen sich zu konzentrieren.
Denn Konzentrationsstörungen, eine geringere Aufmerksamkeitsspanne und Vergesslichkeit sind auch für Erwachsene mit ADS typisch. AD(H)S-Betroffene haben oft Mühe einen längeren Text zu lesen und sich auf monotone und unterfordernde Aufgaben zu fokussieren. Sie sind zwar schnell von einer Sache begeistert, haben aber vielfach Mühe, sie auch zu Ende zu führen. Daraus und aus der oft ausgeprägten Vergesslichkeit resultieren auch Schwierigkeiten, sich und den Alltag zu organisieren. Zudem ergeben sich oft Probleme im Beruf.
Ihre Impulsivität zeigt sich in Ungeduld und unüberlegten Äußerungen sowie unbedachtem Handeln. So fallen Menschen mit AD(H)S im Straßenverkehr teilweise durch auffälliges Fahrverhalten auf. Gefährliches Handeln und der Versuch, die durch AD(H)S entstehenden Probleme durch Alkohol oder Drogen zu „lösen“, kann Menschen mit einer nicht behandelten Hyperaktivität auch auf die schiefe Bahn geraten lassen.
Mit Stimmungsschwankungen und Gefühlsausbrüchen belasten sie obendrein ihr soziales Umfeld.
Wie viele Menschen sind von ADHS betroffen?
Fachleute schätzen, dass in Deutschland etwa fünf Prozent der Kinder ADHS haben, das sind etwa 500.000. Dabei werden Jungen deutlich häufiger diagnostiziert als Mädchen. Das kann daran liegen, dass sich ihr Verhalten meist nach außen richtet (externalisierend) und Hyperaktivität sowie Aggressivität meist sehr ausgeprägt sind. Das spiegelt sich häufig in einem gestörtem Sozialverhalten wider.
Viele Mädchen – und Frauen – zeigen dagegen oft ein nach innen gerichtetes (internalisierendes) Verhalten. Das führt unbehandelt häufig zu psychischen Auffälligkeiten wie Angsterkrankungen, Depressionen, Essstörungen und selbstverletzendem Verhalten (zum Beispiel Ritzen), die meist eher erkannt werden als die zugrundeliegende Störung. Typisch sind auch Beziehungsprobleme.
Aktuell gehen Fachleute davon aus, dass bei etwa 40 bis 50 Prozent die Störung auch im Erwachsenenalter fortbesteht, und es ungefähr zwei Millionen betroffene Erwachsene gibt.
Ursachen und Risikofaktoren
AD(H)S wird zwar als Verhaltensstörung bezeichnet, hängt aber nicht von der Erziehung ab – und ist auch keine Charakterschwäche. Die Erkrankung hat medizinische Ursachen: Der Stoffwechsel eines wichtigen Botenstoffs des Gehirns – Dopamin – ist gestört. Dopamin ist für die zielgerichtete Aufmerksamkeit wichtig und sorgt dafür, dass unser Gehirn unwichtige Reize herausfiltert. Da das bei Menschen mit ADHS nicht funktioniert, können sie Wesentliches und Unwesentliches nicht unterscheiden. Somit werden sie ständig von Reizen überflutet.
Die Gründe für den gestörten Dopaminstoffwechsel sind unklar. Allerdings scheint es für ADHS eine genetische Veranlagung zu geben. Zudem haben Studien gezeigt, dass Rauchen sowie Alkohol- und Drogenkonsum während der Schwangerschaft das Risiko für ADHS erhöhen. Frühgeburt und ein sehr niedriges Geburtsgewicht sind ebenfalls mögliche Risikofaktoren.
Bedingungen innerhalb der Familie, aber auch in Kindergarten und Schule sowie dem weiteren sozialen Umfeld können bestehende Störungen beeinflussen und Probleme abmildern oder verschärfen.
Die steigende Zahl an Diagnosen bei Erwachsenen kann zwei Gründe haben: Zum einen werden mehr Störungen aufgrund der vermehrten Sensibilisierung für die Erkrankung erkannt. Zum anderen könnten die Lebensbedingungen – starke Leistungsorientierung und eine ohnehin bestehende Reizüberflutung verbunden mit gleichzeitigem Bewegungsmangel – in unserer modernen, hektischen Welt für verstärkte Symptome sorgen.
AD(H)S: Behandlung
AD(H)S ist zwar nicht heilbar, lässt sich aber mit speziellen Medikamenten und Verhaltenstherapien in den Griff bekommen. Ansprechpartner:innen sind Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie, psychosomatische Medizin, Neurologie sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten. Für stark betroffenen Kinder und Jugendliche kann auch eine stationäre oder teilstationäre Behandlung in einer psychosomatischen oder psychiatrischen Klinik sinnvoll sein.
AD(H)S: Auf die Stärken besinnen
Viele Menschen sehen nur die negative Seite der Erkrankung. Allerdings können sich die veränderten Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster bei Menschen mit AD(H)S auch positiv auswirken.
So haben viele sehr kreative Menschen AD(H)S. Zwar neigen sie dazu nicht alle Informationen mitzubekommen, können aber oft mehrere Ebenen wahrnehmen und miteinander vernetzen. Da sie schnell begeisterungsfähig sind, gehen sie motiviert herausfordernde Ideen an. Ist die Tätigkeit abwechslungsreich, bleiben sie auch eher am Ball. Viele AD(H)S-Betroffene können gut improvisieren und finden dank ihrer Intuition Lösungen „aus dem Bauch heraus“. Beispielsweise können sie in gefährlichen Situationen dank ihrer Impulsivität schnell reagieren.
Zudem erspüren sie dank ihrer Hypersensibilität, wenn andere Probleme haben, und reagieren oft hilfsbereit.
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Quellen:
https://www.adhs.info/fuer-eltern-und-angehoerige/adhs-was-ist-das/
https://www.adhs.info/fuer-erwachsene/adhs-im-jungen-erwachsenenalter/
https://www.gesundheitsinformation.de/adhs-bei-erwachsenen.html
https://www.gesundheitsinformation.de/aufmerksamkeitsdefizit-und-hyperaktivitaetsstoerung-adhs.html
https://www.igads.ch/ads-adhs-pos/
https://www.swr.de/swr1/rp/programm/eckart-von-hirschhausen-adhs-reportage-100.html
https://www.zeit.de/gesundheit/2023-10/eckart-von-hirschhausen-adhs-dokumentation